Kritik vom 24.7.2021 auf Klassik heute
Für seine klingende Visitenkarte wählte das Schwarzenberg-Trio, das sich nach dem ersten Treffen am Schwarzenbergplatz in Wien benennt und aus in Wien ansässigen Künstlern aus Österreich und Deutschland besteht, drei Klaviertrios deutsch-österreichischer Provenienz. Werner Pirchners zweites Klaviertrio Heimat? basiert auf einer Bühnenmusik zu Felix Mitterers Drama Kein schöner Land. Im Gegensatz zu vielen Avantgarde-Experimenten kann man sich zu jedem der vier Sätze, die ihrem Langsam-Schnell-Langsam-Schnell mehr an eine barocke Triosonate, denn an die klassische Form erinnern, eine Geschichte vorstellen.
Eine Geschichte zwischen Moderne, Volkslied und Jazz
Aus dem Nichts? beginnt mit gebrochenen Terzengängen, die von fern an Glocken erinnern. Darüber entfaltet sich eine einfache Melodie. Wiesel? kombiniert ein rockiges Ritornell, das ein wenig an Emerson, Lake & Palmer denken lässt, mit einem klezmerisch eingefärbten Lamento. Stimmungslied? führt den Titel mit langsamstem Tempo und messiaenschen Mixturklängen ironisch ad absurdum. Freundlich? kommt mit Variationen über eine Kreuzung aus einer Corrente des 17. Jahrhunderts mit einem Zwiefachen in reinstem Dur daher. Die Schwarzenbergs zeigen in diesem hörenswerten Werk einen Reichtum an Farben, rhythmischen Drive und die Freude daran, eine Geschichte zu erzählen, der man gern lauscht.
Vorbildlicher Beethoven, etwas breitgepinselter Mendelssohn
Mendelssohns Trio in d-moll op. 40 vereinigt die Lieblingsformen des Komponisten: Lied ohne Worte, Elfenscherzo und zwei Ecksätze in Sonatenform. Es leidet besonders im Finale an der Schwäche des Autors, einen bereits gemachten Punkt noch einmal machen zu wollen. Das Schwarzenberg-Trio – so schön es an manchen Stellen musiziert – lässt sich hier vom Label „Romantik“ beeindrucken und verdickt seine Tongebung entsprechend. Damit erweist sie dem Komponisten, der im Grunde seines Herzens Klassizist war und durch Emotionalisierung nur verlieren kann, einen Bärendienst, der die Sentimentalität so mancher Wendung unterstreicht.
Mein Verdikt fällt vielleicht auch deshalb etwas schärfer aus, weil Beethovens op. 1,1 von den Schwarzenbergs mit atemberaubender, Brillanz, Delikatesse und Transparenz interpretiert wird. Dort zeigt sich das Ensemble als Trio-Formation der absoluten Spitzenklasse. Sonderlob für die Pianistin Hanna Bachmann, die auch in den kniffligsten Passagen noch souverän zu artikulieren versteht und so Flinkheit mit Intelligenz paart.
Die Aufnahmetechnik stellt die drei Instrumente farbsatt und sauber in den Raum. Der Booklet-Text bietet gute Orientierung
Fazit: Eine Trio-Einspielung auf hohem Niveau. Der Beethoven braucht sich vor der Trio-Elite keinesfalls zu verstecken. Der Pirchner ist ein gestenreiches Werk postmoderner Provenienz, das auch konservativeren Gemütern keine Ohrenschmerzen bereiten sollte. Hätte man den Mendelssohn wie den Beethoven angelegt, wäre es eine Empfehlung geworden.