Das Schwarzenberg Trio – klassisch im Kopf, zeitgenössisch im Herzen

Rezension von Jed Distler auf Classics Today

Obwohl die Pandemie die Tourneepläne des Schwarzenberg Trios mit diesem provokant kontrastierenden Programm zunichte machte, gelang es den Musikern doch, eine Aufnahme zu realisieren. Im Beethoven-Trio op. 1 Nr. 1 setzt das Ensemble auf nüchterne Klarheit und absolute Präzision, mit einer Textur, die auf Schlankheit und Transparenz setzt. Die Einhelligkeit, mit der die Streicher und die Pianistin Hanna Bachmann ihre Läufe und Kadenzen aufeinander abstimmen, ist geradezu unheimlich.

Das Scherzo (Allegro assai) nehmen sie in einem beachtlichen Tempo, sodass man argumentieren könnte, dass die Musik etwas zu schnell läuft, um ihr witziges Profil im Ohr wirklich verankern zu können. Doch das Adagio gewinnt an Wärme, je weiter es sich entfaltet, mit expressiv geformten und konturierten Trillern im Höhepunkt.

Ähnliche Ensemblewerte kennzeichnen das Mendelssohn-Trio in d-Moll, was in den ersten beiden Sätzen am besten zur Geltung kommt. Die gewissenhafte Beachtung von Mendelssohns Dynamik- und Phrasierungsvorgaben unterstreicht die klassischen Proportionen des Kopfsatzes, wenngleich seine agitato-Qualitäten etwas zurückgenommen wirken. Den langsamen Satz gestalten die Musiker mit eloquenter Schlichtheit und einer natürlichen Kantabilität. Jede Note des Scherzos sitzt zwar makellos, doch es fehlt der beflügelte Schwung, den Martha Argerich mit den Brüdern Capuçon so unvergleichlich herbeizaubert. Technisch makellos, wirkt das Finale im Vergleich eher betont und eckig, besonders im direkten Nebeneinander mit der leichteren, biegsameren und flexibleren Aufnahme des Stern/Rose/Istomin Trios.

Werner Pirchner (1940–2001) war ein Multiinstrumentalist und Jazzmusiker, der sein kreatives Schaffen zunehmend in Richtung Komposition verlagerte. Sein Klaviertrio mit dem Untertitel Heimat ist ein eigenwilliges, zugleich hoch faszinierendes Werk. Der erste Satz Aus dem Nichts? enthält volksliedartige Melodien, gestützt durch Streichpizzicati und vereinzelte Klaviertöne in allen Lagen. Der zweite Satz Wiesel? eröffnet mit kantigen, aggressiven Ausbrüchen, die einen starken Kontrast zu den langsamen, herrlich choralmäßigen Passagen des dritten Satzes Stimmungslied? bilden. Der vierte Satz Freundlich? beginnt als Schumann/Bach-Pasticcio und zerfällt allmählich in etwas Dunkleres, Unabgeschlossenes.

Was an der Darbietung des Schwarzenberg Trios besonders überzeugt, ist, dass die Musiker trotz aller technischen Finesse keine Scheu haben, ihre Klangpalette voll auszuschöpfen und die dynamischen Extreme sowie plötzlichen Stilbrüche des Komponisten kompromisslos auszukosten. Sie ignorieren förmlich die gnadenlose Nähe des Studiomikrofons und werfen jede Vorsicht über Bord, indem sie Pirchners Musik mit voller Hingabe und Intensität spielen. Auf Grundlage dieser Veröffentlichung lässt sich sagen: Der Kopf des Schwarzenberg Trios ruht in der Klassik, sein Herz aber schlägt für die zeitgenössische Musik.