„Auf der Heimat Boden“ – wie in Schuberts Lied

Konzertkritik von Anna Mika in der Kronenzeitung, 3. Februar 2025.

Mit Corinna Scheurle und Hanna Bachmann traten am Samstag im Schlössle Röthis zwei international renommierte Künstlerinnen auf, die ihre Wurzeln im Ländle haben.

Der wunderschöne Saal im Schlössle in Röthis war beinahe zu klein für dieses bemerkenswerte Ereignis. Nicht nur, weil dieser voll besetzt war, sondern auch, weil die Stimme der Mezzosopranistin Corinna Scheurle sonst in weit größerem Rahmen erklingt, etwa an der Bayerischen Staatsoper München, in Hauptrollen an der Staatsoper Nürnberg und derzeit an der Staatsoper in Berlin. Ähnliches gilt für die aus Röthis stammende Pianistin Hanna Bachmann, deren Namen man ebenfalls in internationalen Konzertprogrammen findet. Die beiden Künstlerinnen mit Vorarlberger Wurzeln heimsten kürzlich den dritten Preis im renommierten Hugo-Wolf-Liedwettbewerb Stuttgart ein: Wie schön, sie nun „auf der Heimat Boden“ (so die Schlusszeile ihrer Zugabe, Schuberts „Wanderer an den Mond“) zu erleben.

Wer Corinna Scheurle noch vor wenigen Jahren gehört hat, staunte über die Entwicklung, die diese Sängerin gemacht hat. Sprengt sie, wie erwähnt, mit ihrer Klangpracht fast diesen kleinen Raum, so weiß sie diese doch zu zügeln, hat Ausdrucksfarben in reichster Fülle anzubieten und ist beispielhaft textdeutlich. Was aber ihre Darbietung vom ersten bis zum letzten Ton so faszinierend macht, das ist ihr Mitleben mit dem, was sie singt. Nichts von all den Inhalten, sei es die Leichtigkeit etwa von Schuberts „Des Fischer Liebensglück“, sei es die tiefe Melancholie der Lieder von Béla Bartók oder die Dramatik anderer Lieder – nichts wirkt hier auch nur im Geringsten aufgesetzt, sondern alles ist mit Leib und Seele empfunden. Denn ja, die Sängerin setzt auch ihre Mimik, Gestik und Körpersprache ein, jedoch genau im rechten Maße.

Hanna Bachmann weiß mit ihrem Klavierspiel Corinna Scheurles großartiger Interpretation auf Augenhöhe zu begegnen. Auch sie spielt sehr differenziert im Ausdruck, soweit wie es der eher einfache Flügel des Saales zulässt. Viel zu spät sei die Vielfalt des Programmes geschildert: Am Anfang und am Ende stand Schubert. Zwei bemerkenswerte Kompositionen von Rebecca Clarke (1886 bis 1979) folgten, bevor Corinna Scheurle mit Liedern von Bártok ihren ungarischen Wurzeln auf Seiten ihrer Mutter, der Pianistin Anna Adamik, nachspürte.

Nach der Pause folgte Maurice Ravel – wie Bártok eine besonders lohnende Aufgabe für Hanna Bachmann am Klavier – und dann wieder Schubert. Alles in den originalen Sprachen und auswendig gesungen. Schon bald ist dieses wunderbare Liedduo wieder zu hören: am 9. Juni in Feldkirch, dort mit Hugo Wolf und ebenfalls Schubert.