Konzertkritik über den Liederabend bei den Röthner Schlösslekonzerten von Silvia Thurner in der Online-Ausgabe der Zeitschrift für Kultur und Gesellschaft, 5. Februar 2023.
Die Mezzosopranistin Isabel Pfefferkorn und die Pianistin Hanna Bachmann haben sich vor einigen Jahren einem ganz speziellen Werk zugewendet. Gemeinsam interpretieren sie Schuberts Winterreise (D 911) mit einem individuellen Zugang. Den berühmten Liederzyklus boten sie in Korrespondenz zu einer Lichtinstallation von Fabian Tobias Reiner dar. Überdies wurde das Werk „Wüstenschrei“ von Isabel Pfefferkorn erstmals in Österreich aufgeführt. Die Künstlerinnen zogen die zahlreichen Zuhörenden in ihren Bann und lenkten die Aufmerksamkeit auf musikalisch emotionale Zustandsbeschreibungen.
Die Mezzosopranistin Isabel Pfefferkorn und Hanna Bachmann am Klavier boten Schuberts Winterreise im stimmungsvollen Ambiente des Röthner Schlössles dar.
Die Winterreise von Franz Schubert verbinden viele Musikliebhaber:innen mit einem männlichen Protagonisten. Im Hinblick auf die Textinhalte und die gesangliche Ausdruckskraft spricht einiges für diese Vorstellung. Allerdings lässt der philosophische und musikalische „Überbau“ der Winterreise vielseitige Interpretationsansätze zu. So eröffnete die Werkdeutung von Isabel Pfefferkorn und Hanna Bachmann ungewöhnliche Blickwinkel, die den Liederabend zu einem geistreichen und erfrischenden Erlebnis machten.
Weniger die Geschichte des unglücklich Verliebten erzählten Isabel Pfefferkorn und Hanna Bachmann, sondern sie stellten emotionale Momentaufnahmen in einzelnen Bildern dar. Mit viel Bedacht auf eine detailreiche Textdeutung und die allmähliche Weltentfremdung des lyrischen Ichs formten sie die Lieder aus. Dabei modulierten sie Gemütsbewegungen mit dynamischen Abschattierungen und sehr ausgeprägten Temposchwankungen. Dies verlieh Liedern wie „Gefrorne Tränen“, „Wasserflut“, „Irrlicht“, „Rast“ und besonders dem „Frühlingstraum“ individuelle Ausdruckscharaktere. Aufhorchen ließ überdies die Deutung des Liedes „Der greise Kopf“. Gut ausgelotete Ebenen zwischen Traum und Wirklichkeit entfalteten Isabel Pfefferkorn und Hanna Bachmann im „Wirtshaus“ und zum Schluss hin überzeugten sie in „Nebensonnen“ und im „Leiermann“.
In den langsamen Liedern kamen die facettenreiche Stimmführung und das schöne Timbre der Mezzosopranistin hervorragend zur Geltung. Jedoch ließ in Passagen mit einem raschem Bewegungsfluss die Textdeutlichkeit nach und die Artikulationen erklangen weniger prägnant phrasiert.
Hanna Bachmann spielte sehr präsent und agierte mit viel Bedacht auf die Sängerin. So entfalteten sich im Klavierpart die harmonischen Farben und jene Abschnitte hervorragend, in die Franz Schubert zahlreiche metaphorische Bilder eingeschrieben hat.
Ein neues Werk und Licht als Ergänzung
Selbstverständlich benötigt die Winterreise keine Ergänzungen. Doch Hanna Bachmann und Isabel Pfefferkorn präsentierten zur Einstimmung in den Liederabend das poesievolle Vokalwerk „Wüstenschrei“. Den Text „Der Baum in der Wüste“ von Christian Friedrich Hebbel hat Isabel Pfefferkorn unter anderem mit motivischen Reminiszenzen an Schuberts Liederzyklus sowie modalen Tonschichtungen vertont. Die Lichtinstallation von Fabian Tobias Reiner setzte mit einem abstrahierten Baum eine feinsinnige Farbstimmung. Die in kaltem Weiß gehaltene Girlande, die über weite Strecken der Winterreise leuchtete, wirkte hingegen etwas grell. Schön unterstrichen drei Ballone den Aussagegehalt der „Nebensonnen“.