Zwei junge Frauen auf „Winterreise“. (Bericht von Fritz Jurmann in den Vorarlberger Nachrichten, 31.1.2018)

Isabel Pfefferkorn und Hanna Bachmann führen Schuberts Zyklus nun auch in Wien auf.

BREGENZ Es hat einiges Aufsehen in der Musikszene des Landes ausgelöst, als sich kürzlich zwei junge heimische Künstlerinnen in der Landesbibliothek mutig an Schuberts Zyklus „Winterreise“ wagten, bekanntlich eines der tiefgründigsten Werke des romantischen Liedgesangs. Die Schlinser Mezzosopranistin Isabel Pfefferkorn (26) und die aus Röthis stammende Pianistin Hanna Bachmann (24) begeisterten ein volles Haus mit ihrem jugendlich frischen, ungeschminkten Zugang.

Beide Interpretinnen sind in den vergangenen Jahren nach ihrer Ausbildung auch außerhalb des Landes konsequent ihren Weg gegangen, in Meisterkursen und ersten CD-Einspielungen, ausgezeichnet bei Wettbewerben und mit Stipendien, unter anderem des Richard-Wagner-Verbandes Vorarlberg. Seit zwei Jahren treten sie nun gemeinsam auf, beide strahlen im VN-Gespräch in der Erinnerung an die gelungene Aufführung in Bregenz. Sie sind dieses für sie als unantastbar geltende Projekt nach intensiver Beschäftigung angegangen, „mit Ehrfurcht und Respekt“, aber auch mit enormer Motivation. Pfefferkorn verweist bei der Frage nach der notwendigen Erfahrung darauf, dass auch Schubert und der Dichter Wilhelm Müller bei der Abfassung erst 30 waren. Die Fähigkeit zur Wahrnehmung von Gefühlen sei nicht altersabhängig, auch sie selber habe schon in jungen Jahren bestimmte Erfahrungen gemacht.

Aussage der Lieder

Und was die männliche Dominanz in der Aussage dieses meist von Baritonen interpretierten Zyklus anlangt: „Ich möchte das Werk nicht darstellen, sondern ‚leben‘, und wünsche mir, dass die Zuhörer dabei nicht mich als Interpretin, sondern die Aussage der Lieder wahrnehmen. Abgesehen davon bleibt Liebe dieselbe – egal zwischen welchen Geschlechtern.“ Hanna Bachmann ergänzt: „Wir verstehen die Singstimme nicht so sehr als konkrete Person, sondern vielmehr als lyrisches Ich, das sich über die Geschlechterrolle hinwegsetzt. Wir haben auch die weiblichen und männlichen Bezüge im Original belassen, damit wird diese Zuordnung irrelevant.“ Für sie als Pianistin war die Art, wie genial Schubert den Text am Klavier auskomponiert hat, eine ganz besondere Erfahrung: „Die Lieder nehmen mich in ihrer Traurigkeit emotional sehr mit, geben mir paradoxerweise aber auch viel zurück.“

„Höchst begabt“

Dieser Erfolg mit der „Winterreise“ hat sich in Fachkreisen herumgesprochen und führte nun zu einer speziellen Einladung in Wien. Am 6. Februar werden die beiden den Liederzyklus beim Gedenkkonzert zum 100. Todestag des Malers Gustav Klimt in dessen historischer Villa aufführen, wo sie bereits im Vorjahr gemeinsam aufgetreten sind. Klimts Bild „Schubert am Klavier II“ bildet dabei eine zeitliche Brücke. Die international gefragte Mezzosopranistin und Gesangspädagogin Angelika Kirchschlager, seit vielen Jahren Stammgast bei der Schubertiade, hat ihnen dafür eine Empfehlung mit auf den Weg gegeben.

„Isabel Pfefferkorn ist mir schon vor einigen Jahren als eine höchst begabte Liedsängerin aufgefallen. Bei ihren Interpretationen kann sie auf ein Farbspektrum zurückgreifen, das beeindruckend ist, und das umso mehr, wenn man ihr jugendliches Alter bedenkt. Wo fand eine damals 21-Jährige diese Töne von Liebe, Schmerz, Tod und Leben? Mittlerweile ist sie weitergegangen auf ihrem Weg und hat in Hanna Bachmann eine Begleiterin am Klavier gefunden, die es versteht, einer Sängerin wie Isabel mit ihrem höchst sensiblen Klavierspiel die nötigen großen Räume zu schaffen und den Weg zu bereiten für eine außergewöhnliche ‚Winterreise‘. Die Interpretinnen sind aufgrund ihres Alters weder von jahrelanger Erfahrung (nämlich Gott sei dank auch der weniger guten) geprägt, noch sind sie männlich – beides wird wohl von Interpreten der ‚Winterreise‘ häufig erwartet. Also, zwei junge Frauen machen sich hier auf die Reise, und sie besitzen zusätzlich zur nötigen Technik schon jetzt etwas in hohem Maße, das in unserem ‚Profi-Business‘ nicht immer selbstverständlich ist: Demut vor dem Meisterwerk, völlige Hingabe zur Musik und eine große Seele.“

Konzert: 6. Februar, 19.00 Uhr, Klimt-Villa, 1130 Wien, Feldmühlgasse 11 (ausverkauft)